Der Wiedereinstieg
Vor eineinhalb Jahren bin ich in mein Berufsleben als Flugbegleiterin bei Lufthansa zurückgekehrt. Ich habe die Zeit Zuhause mit den Kindern sehr genossen. Deshalb fällt es mir manchmal schwer für ein paar Tage von ihnen Abschied zu nehmen. Doch meist bin ich nach zwei bis vier Tagen wieder Zuhause und die Kinder freuen sich über meine Rückkehr.
Dann erzähle ich ihnen von fernen Ländern und bringe meist eine landestypische Kleinigkeit mit.
Die Bedeutung des Begriffs Purser in der Luftfahrt
Anfangen möchte ich mit den unterschiedlichen Führungsstrukturen an Bord. Der Begriff Purser kommt ursprünglich aus der Seefahrt und bezeichnet im Militär den Zahlmeister an Bord.
In der zivilen Luftfahrt werden die Flugbegleiter mit Führungsposition als Purser 1 und Purser 2 bezeichnet. Der ranghöhere Purser 2 ist auf Langstreckenflügen der oberste Chef des Kabinenpersonals. Zusammen mit dem Purser 1 und seiner Crew ist er verantwortlich für die Sicherheit und den Service an Bord.
Auf Kurzstreckenflügen ist der Purser 1 der ranghöchste Flugbegleiter, der die Verantwortung an Bord übernimmt. Bevor unsere Kinder auf die Welt kamen, habe ich die Ausbildung zum Purser 1 gemacht. Nun fliege ich seit fast vier Jahren in dieser Führungsposition.
Der Vorteil der Kurzstrecken-Flüge ist, dass man weniger unter dem Jetlag leider, da man größtenteils in Europa unterwegs ist. Der Nachteil besteht darin, dass man weitaus weniger Zeit vor Ort hat und somit eine minimale Ruhezeit im Hotel.
Somit eignet sich die Langstrecke natürlich wesentlich besser für Sightseeing und Kulturtrips.
Die Vorbereitungen vor dem Flug
Heute nehme ich Euch in Gedanken mit auf eine viertägige Kurzstrecken-Tour. Ich hatte zuletzt einen Umlauf mit relativ spätem Abflug um 14.15 Uhr. Die Frühaufsteher-Touren beginnen zum Teil um 4.20 Uhr und der Wecker klingelt dementsprechend um 3 Uhr nachts.
Dies bleibt mir auf dieser Tour zum Glück erspart und ich kann in den folgenden Tagen zumindest ausschlafen. Unser Umlauf beginnt am ersten Tag mit drei Flugabschnitten, den sogenannten “legs”. Wir fliegen München – Düsseldorf – München – Düsseldorf. Unser erstes “Layover” findet in Düsseldorf statt.
Doch bevor unser Flug beginnt, treffe ich meine Crew zum Briefing im Flight Operation Center (FOC). Hier obliegt es meiner Verantwortung die Crew auf den Service sowie die nun folgenden Flüge und Flugzeugmuster einzustimmen. Hierbei werden die Kenntnisse über Notfälle an Bord und das Wissen über Erste Hilfe abgefragt.
Das Briefing ist für mich ein wichtiges Tool, um die Stimmung meiner Crew gleich zu Beginn positiv zu beeinflussen. Hier spielt der Zusammenhalt und der Teamgedanke eine große Rolle.
Zum Abschluss des Briefings kommt die Cockpit-Besatzung hinzu und gibt uns Aufschluss über das Wetter im Flugverlauf und besondere Vorkommnisse. Der Kapitän setzt zusätzlich Schwerpunkte auf Themen, die ihm persönlich wichtig sind.
Wir haben auf unserem Flug eine Kapitänin in Ausbildung, die von einem Kapitän als Trainer begleitet wird. Somit besteht unsere Cockpit-Crew aus drei Personen. Im Normalfall fliegt auf der Kurzstrecke der Kapitän/die Kapitänin mit seinem/ihrem First Officer.
Meine Kabinen-Crew besteht während diesem Umlauf aus drei beziehungsweise vier Flugbegleitern. Dies ist abhängig vom jeweiligen Flugzeugmuster. Wir fliegen in den kommenden drei Tagen mit drei unterschiedlichen Mustern: dem Airbus A319, A320 und A321.
Nachdem das Briefing beendet ist, gehen wir mit unseren Koffern zur Sicherheitskontrolle. Danach werden wir von dort mit dem Crewbus direkt zu unserem Flieger gebracht. Auf dem Vorfeld tragen wir zu unserer eigenen Sicherheit gelbe Warnwesten.
Der erste Tag
Wenn wir an Bord kommen, überprüfen wir zuerst das Flugzeug anhand unserer Checklisten auf die Unversehrtheit und das Vorhandensein unserer Ausrüstung. Zudem werden natürlich die Essen gezählt und es erfolgt eine Rücksprache mit dem Cateringservice.
Sobald alles überprüft ist und das Cockpit unser “Go” hat, können wir mit dem “Boarding” beginnen. An unserem ersten Tag begrüßen und verabschieden wir 420 Gäste. Jeder Gast erhält natürlich die Getränke seiner Wahl und die entsprechende Mahlzeit beziehungsweise einen kleinen Snack.
Als Besonderheit an diesem Tag haben wir einen Gast an Bord, der blind ist. Natürlich möchten wir in diesem Fall dem Passagier unsere volle Aufmerksamkeit zukommen lassen. Selbst wenn der Zeitdruck auf Kurzstrecke besonders hoch ist, müssen jetzt Prioritäten gesetzt werden. Ein Flugbegleiter zeigt dem Gast, wie viele Reihen er vom nächstgelegenen Notausgang entfernt sitzt. Er bekommt eine eigene Sicherheitseinweisung.
Zudem haben wir an diesem Tag fünf Gäste, die mit einem Rollstuhl an Bord kommen. Diese Gäste dürfen zuerst auf den Flieger und werden am Schluss des Fluges vom Betreuungsdienst abgeholt.
Wie so oft war der Platz für das Handgepäck knapp. Doch zum Schluss, als wir die Türen des Fliegers schließen, hat alles gut geklappt. Wir landen am Abend um 22.30 Uhr in Düsseldorf und fallen müde ins Bett. Am nächsten Tag werden wir um 12 Uhr vom Hotel abgeholt.
Der zweite Tag
Der nächste Tag beinhaltet vier Flüge und wir starten von Düsseldorf nach München. Dann fliegen wir nach Köln hin und zurück und zum Feierabend landen wir in Serbiens Hauptstadt Belgrad.
Heute haben wir insgesamt 560 Gäste an Bord. An diesem Tag beginnen die Herbstferien und wir begrüßen insgesamt fünfzig Kinder. Darunter sind sechs unbegleitete Kinder, die natürlich erneut unsere vollste Aufmerksamkeit benötigen. Die Kinder freuen sich natürlich immer über unsere Spielsachen und einen kurzen Blick ins Cockpit.
Zwischen den Flügen liegen jeweils sehr knappe “Turnaround” Zeiten von circa einer halben Stunde. In dieser Zeit, muss der Flieger gereinigt werden, wir bekommen neues Catering und Sicherheitskontrollen werden von der Crew durchgeführt.
Wir landen heute Abend um 22.45 Uhr in Belgrad. Am Abend besuchen wir auf einen kurzen Drink die Hotelbar und sind erstaunt darüber wie ausgelassen die Serben mitten unter der Woche feiern. Belgrad scheint das neue Berlin zu sein und ich möchte diese tolle Stadt unbedingt einmal privat erkunden.
Doch dazu ist diesmal keine Zeit, denn unser Pickup vom Hotel erfolgte um 13.50 Uhr.
Der dritte Tag
Leider kommen wir heute verspätet auf unseren Flieger, da der Präsident aus Kongo anreist und die Autobahn vorübergehend gesperrt wird. Nun stecken wir im Stau fest und es bleibt uns nichts anderes übrig als zu warten.
Dieser Verspätung fliegt man als Crew den Rest des Tages hinterher und versucht sie aufzuholen. Doch das klappt selbstverständlich nicht immer.
Am dritten Tag unserer Tour stehen erneut vier Flüge auf dem Plan. Der Flug von Belgrad nach München und von dort aus nach Marseille. Zurück in München fliegen wir unser letztes leg nach Amsterdam mit der Landung um 22.15 Uhr.
Wir haben in Amsterdam ein ausgesprochen schönes Crew-Hotel vor Ort. Zudem haben wir am Vormittag genügend Zeit, um die Stadt zu erkunden. Wir gehen gemeinsam Frühstücken, bummeln durch die Stadt und sehen uns den niederländischen Königspalast an.
Der vierte Tag
Der vierte Tag verläuft reibungslos und wir kommen am Abend sicher Zuhause an.
Das Schöne an unserem Beruf ist, dass kein Tag dem anderen gleicht. Es erwarten uns immer wieder neue Situationen, auf die man sich entsprechend einstellen muss.
Viele Menschen haben Flugangst und es ist ein schönes Gefühl, wenn man sie auf dem Flug begleiten kann. Sie steigen erleichtert aus und wählen aufgrund des Sicherheitsaspekts das nächste mal wieder Lufthansa.
Wenn Ihr wollt, nehme ich Euch das nächste mal etwas weiter weg mit…
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