Das Ritterturnier am Abend
Zum ersten Mal besuchten wir mit unseren drei Kindern die Abendveranstaltung des Kaltenberger Ritterturniers und es hat sich absolut gelohnt. Im Vergleich zum Turnier am Nachmittag ist das Mittelalterfest bei Dunkelheit noch viel spektakulärer.
Die Fackeln werden am Rand der Arena entzündet und es herrscht eine geheimnisvolle Stimmung. Ziemlich unheimlich wird es, wenn Hector im Traum seinen Dämonen begegnet. Er sieht den schwarzen Ritter mit feuerrot leuchtenden Augen auf einem schwarzen Pferd in Erscheinung treten. Im nächtlichen Wald erlebt Prinz Hector erneut den Kampf, bei dem er in der Vergangenheit viele seiner Ritter bei einer Schlacht verlor.
Selten war der mittelalterliche Epos spannender als bei den diesjährigen Spielen. Der schwarze Ritter Hector, der durch schlechte Taten und Worte den Unmut seines Vaters auf sich zog, wird verstoßen. Sein Vater, der König, schickt ihn fort und nimmt ihm seine Rüstung und sein Pferd. Er soll ohne Waffen versuchen ein ehrenwerter Ritter zu werden und durchläuft eine charakterbildende Verwandlung. Gespielt wird Hector von Marco Luraschi, dem Sohn von Regisseur Mario Luraschi.
Die Show wird von strömenden Regen begleitet und umso faszinierender war es zu sehen, wie die Reiter und Pferde das Schauspiel unbeeindruckt fortsetzten. Fast schien es, als würde der dramatischen Handlung eine zusätzliche Mystik und Authentizität verliehen. Keiner der Zuschauer, die nicht unter der überdachten Tribüne saßen, verließ die Arena. Die Regencapes wurden ausgepackt und durch die La-Ola-Welle und die Zurufe des Publikums schien das Wetter in Vergessenheit zu geraten.
Der mit den Pferden tanzt
In jedem Jahr beeindruckt mich die französische Stunt-Gruppe Cavalcade und ihre atemberaubende Show. Die Pferde und ihre Reiter müssen Unglaubliches leisten und eine enorme Anspannung in höchster Konzentration aushalten. Im gestreckten Galopp bei fast 50km/h lassen sich die Reiter unter dem Pferdebauch oder am Hals entlang gleiten, um erneut im Sattel zu landen.
Mario Luraschi, einer der besten Stuntpferde-Trainer verwendet hierfür ausschließlich Andalusier. Ihrer Eleganz und Stärke sowie ihre Besonnenheit machen sie zu den Pferden seiner Wahl. Der Arbeitsalltag der Pferde sieht im Wechsel einen Tag Training und einen Tag Ruhe vor. Die wichtigste Voraussetzung für das Training ist das Vertrauen zwischen Pferd und Reiter.
Zu Beginn der Achtziger Jahre ging man mit Film-Pferden nicht besonders behutsam um. Damals wurden Pferde mit Seilen zu Sturz gebracht. Für Mario Luraschi war das keine Option. Er trainiert mit seinen Pferden solange, bis sie auf Kommando stürzen können, ohne sich zu verletzen. Ein Jahr Arbeit kostet allein dieser Stunt.
Wenn ein Pferd nicht geeignet ist, oder nicht auf Marios Trainingsmethode anspricht, trennt er sich lieber von dem Tier. Seine Trainingsmethode funktioniert nur durch Überzeugung. Niemals würde Mario Luraschi ein Pferd drängen mit ihm zu arbeiten. „Es gibt Stunts, bei denen vertrauen Sie dem Tier Ihr Leben an.“ Vertrauen aber kann man nicht erzwingen.
Obwohl auch er ein eigenes Wappen, ein eigenes Zeichen hat, tragen Mario Luraschis Pferde es nicht als Brandzeichen. Er mag es nicht, wenn Pferdehalter ihre Tiere derart markieren. „Als wären es Sklaven.“ In seiner Stimme liegt Verachtung, als er das sagt. 2003 wird Mario Luraschi von der französischen Pferdeschutzliga für seinen besonderen Umgang mit Pferden ausgezeichnet.
Ein Tag im Mittelalter
Zum ersten Mal haben wir den Umzug erlebt und wurden von den Gauklern, Rittern, Narren, Mägden und den Hofherrschaften ermuntert “Jubel” zu rufen. An unserer Position wurden wir sogar zweimal von Rittern übermannt, die kurz vor unseren Füßen zum Stehen kamen. Dies war besonders für unsern Jungen aufregend, der selbst als Ritter verkleidet war und sich mit seinem Schild schützen sollte.
Besonders toll waren die menschlichen Marionetten, die wahrhaftig wie Puppen aussahen. Es sah bizarr aus, wie sie sich stockend und maskenhaft durch die Straßen bewegten. Sie wurden an langen Fäden bewegt und man musste schon zweimal hinsehen, ob dort nicht doch eine echte Puppe am Seil hängt. Die Marionetten Halterung wird von Menschen bedient, die auf bis zu 1,50 m hohen Holzstelzen laufen. Die zehnköpfige Theatergruppe “De Hochhaxat´n” machen ihrem Namen alle Ehre.
Zudem waren Feen auf Stelzen zu sehen, die sich in ihren märchenhaften Kostümen durch die Menge bewegten. Die Hexe Roxana mit ihrer Tigerpython fasziniert die Zuschauer und lässt sie zugleich erschauern. Die vielen Marktstände mit ihren Waren und Köstlichkeiten laden zum Verweilen ein und man kann den Nachmittag hier verbummeln.
Die Master Class
In einer exklusiven Master Class verrät Clémence Faivre, eine der weltbesten Dressurtrainerinnen, ihre Geheimnisse im Umgang mit Pferden und führt in die Grundlagen der Dressur ein. Zudem ist ihre Master Class ein leidenschaftliches Plädoyer für ein sensibles und achtsames Miteinander von Mensch und Pferd. Die Master Class findet am 25. Juli 2018 von 10 bis 17 Uhr statt.
Clémence Faivre begann ihre Karriere in Mario Luraschis Cavalcade. Dort lernte sie die Kunst der Voltige und trat in zahlreichen Filmen und Shows auf, unter anderem auf dem Kaltenberger Ritterturnier. Später arbeitete sie beim spanischen Olympiateilnehmer Rafael Soto an ihrer Dressur und begleitete die Shows von Don Alvaro Domecq, dem Gründer der Königlich-Andalusischen Reitschule.
2010 begegnete Clémence Faivre schließlich ihrem Pferd Gotan. Mit ihm entwickelte sie ihre erste eigene Show, die weltweit riesige Erfolge feierte. Mittlerweile unterhält Faivre eine eigene Pferdezucht und entwickelt ihr Showprogramm ständig weiter.
Am letzten Juli-Wochenende finden in diesem Jahr die letzten Kaltenberger Ritterturniere statt. Am 27. Juli findet das Nachtturnier von 17 Uhr bis 1.30 Uhr statt. Am 28. Juli das Abendturnier von 16 Uhr bis 00.30 Uhr und am 29. Juli das Tagesturnier von 12 Uhr bis 20.30 Uhr.
Karten gibt es entweder in Kaltenberg vor Ort an der Kasse oder online auf der hier.
Ich bedanke mich ganz herzlich beim Presse Team der Kaltenberger Ritterspiele für die Eintrittskarten und freue mich auf eine Berichterstattung im Jahr 2019!
Bis bald
Eure Isabelle
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