Ehrlich gesagt bin ich viel zu erschöpft und müde, um über diesen erlebnisreichen Tag zu schreiben. Dennoch möchte ich diesen nicht einfach verstreichen lassen ohne ihn zu meinen elektronische Memoiren hinzuzufügen. Dafür hatte er eine zu grosse Bedeutung und rangiert auf den obersten Plätzen der Chaos-Tage.
Es fing alles ganz harmlos an und endete am Abend mit einem Theaterstück in fünf Akten. In den Hauptrollen spielten unsere “Grosse” als Prinzessin, der “Mittlere” als das böse Krokodil, die “Kleine” als nervender Kasperl und Mama als wilder Jägersmann, der entweder durch Androhung seiner Flinte Eindruck schinden will oder durch Wortgewalt versucht dem Sturm wieder Herr zu werden.
Die Dramaturgie kam mit einem Läuse-Anruf in Schwung und wir folgten der Aufforderung unsere drei Kinder nach Nissen zu durchsuchen. Mein Mann und ich machten uns mit einem Kamm auf die Suche. Gott sei Dank blieb diese erfolglos und wir vollendeten unsere Arbeit mit einem Läuse-Abwehrspray, das jeder Diana Föhnfrisur besten Stand gegeben hätte. Unsere Drei sassen sichtlich verwirrt auf der heimischen Couch und glichen einer toupierten Kelly Family mit dem einzigen Unterschied, dass sie keine Läuse hatten.
Nachdem die erste Aufgabe des Tages bewältigt war, reihten sich immer mehr Aufregungen aneinander. So wie das eben an Chaos-Tagen die Regel ist. Die Kleine wuchs immer mehr in die Rolle des jammernden Kasperl hinein und schrie bei jedweden Anflug von Unwohlsein lauthals “NEIN!”. Sie ist zwar erst achtzehn Monate alt, doch NEIN ist eines ihrer absoluten Lieblingswörter. Darauf folgt meist ein mürrischer Gesichtsausdruck mit schmollender Schnute. Beim Mittagessen schmiss sie das Lieblingsglas der Prinzessin hinunter, die daraufhin natürlich sehr traurig war.
Das Gejammer des Kasperls wurde immer grösser und wir verbannten sie daraufhin für eine Weile in ihr Bettchen, um sie kurze Zeit später aus selbigen herauszuholen, da wir sonst einen Tinitus erlitten hätten. Der kleine Kasperl will halt immer gerne dabei sein. Dann fiel die arme Prinzessin vom Stuhl und schlug sich dabei kräftig das Kinn und die Schulter an. Warum muss eigentlich immer ein Kind lauthals schluchzen oder schlimmstenfalls alle gleichzeitig?
Kurz darauf wollte der Mittlere sich für sein grosses Geschäft wie immer ganz nackig machen. Er stand vor mir und jammerte, dass ich ihm beim Ausziehen helfen solle. Doch heute war ich bereit für die grosse Offensive. Ich wollte jetzt und heute meinem kleinen Ritter zeigen, dass man tatsächlich auch mit Hemd und Hose “Kacka” machen kann. Nach langer Überredungskunst und einer Bestechung in Form von Gummibärchen und einem Spielwaren-Werbeprospekt klappte es auch so. Ich hatte einen Teilsieg errungen, doch unser Ritter fühlte sich jetzt leider etwas gekränkt.
Der Tag verging schleppend mit Playmobil bauen und Kasperle bezähmen. Die Prinzessin und das Krokodil benahmen sich vorbildlich und ließen den Jäger allein im Kampf mit dem wilden Kasperl. Ich wollte dem Tag ein ruhiges Ende entgegen setzten, indem ich die Kinder zu einem erholsamen Bad in die Wanne einlud. Das Kasperle fing mit dem Baden an und war das erste Mal an diesem Tag wahrhaftig fröhlich und ausgelassen.
Das grosse NEIN ging erst wieder los als die Prinzessin und das Krokodil mit ihren Playmobil Booten ankamen und dieselbigen nicht rausrücken wollten. Das Kasperle liess sich nicht einmal durch zwei Playmobil Männchen beruhigen, die ihr netterweise angeboten wurden. Daraufhin wurde das Kasperle aus der Wanne entfernt. Ich liess die beiden Grossen alleine um die Kleine zu trocknen und wieder anzuziehen.
Im Bad wurde es immer lauter und wilder und ich ging dorthin zurück und da entdeckte ich das Drama in der Wanne. Das kleine Krokodil hatte sich zu einem “bösen” Krokodil verwandelt, das die Prinzessin samt ihrer Taucherbrille in die Wanne drückte. Das alles nur aus Spass, doch die arme Prinzessin japste und schluckte. Jetzt war für mich Schluss mit lustig und ich geriet wirklich in Rage. Es hätte Schlimmeres passieren können und das machte ich dem Krokodil eindeutig klar. Natürlich flossen jetzt dicke Krokodilstränen und alle waren ziemlich erschöpft.
Der Schock sass mir in den Gliedern und mir wurde mal wieder bewusst, dass man mit kleinen Kindern immer Augen und Ohren offen halten muss. Gott sei Dank haben sie meistens einen Schutzengel und die Eltern oft einen sechsten Sinn, indem sie im richtigen Moment ihrer Intuition folgen.
Doch es gibt an jedem noch so hektischen Tag einen Lichtblick am Ende des Tunnels und das ist unser Abendritual. Nachdem ich die Kleine ins Bett gebracht habe, kommt unsere wichtigste halbe Stunde am Tag. Ich lese den Grossen eine Gute Nacht Geschichte vor, reibe sie mit etwas Aroma-Öl ein und wir hören gemeinsam die ersten Lieder der Rolf Zuckowski “Heia” CD an.
Kurz darauf schlafen sie ein und die Welt um uns herum wird still und friedlich.Der kleine Marienkäfer leuchtet einen wunderschönen Sternenhimmel an die Decke und ich bin unendlich glücklich über unsere Kinder, auch wenn der Tag noch so wild und anstrengend war.
Wie sagt Rolf Zuckowski so schön: man kann mit diesen Liedern für die Kinder und die Eltern eine Brücke bauen, die sie auf die Insel der Ruhe entführen. Wer die laute Welt hinter sich lassen will, der findet hier den Weg zu Innigkeit und Abendfrieden. Diese Lieder an der Bettkante sollen in einen guten, neuen Tag hinüber begleiten.
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